Montag, 10. November 2014

Freunde des Schattens

Freunde des Schattens waren wir, in dem wir unsere dunklen Geheimnisse teilten, dem einzigen Ort, an dem wir uns zeigen konnten, ohne jedoch unsere Masken jemals abzulegen. Die waren wir, die sich gegenseitig helfen wollen, aber zu schwach waren, sich selbst zu helfen. Und so verschieden unsere Geschichten auch waren, so habe ich mich doch in jeder einzelnen von ihnen wiedererkannt. Weil wir alle allein waren und verzweifelt, alle jung und ausgebrannt. Gemeinsam strebten wir, ein Schwarm Motten in der Nacht, Richtung Licht.
Was ist heute aus uns geworden? Sind wir angekommen? Oder haben wir nur vergessen, einen Teil von uns weggesperrt, damit er endlich verstummt und wir ein ganz normales Leben führen können? Und, ist es das?

Sonntag, 6. November 2011

Sonntag, 06.11.2011: Zwischen Leben und Tod

Du trinkst das Leben schwarz
Doch ich krieg's nicht ohne Süßstoff runter
Ich will nicht schlucken, doch ich muss
Es macht mich wieder munter

Ein bitt'rer Nachgeschmack
Nur eine einz'ge Alternative
Das Ende, aus und Schluss, vorbei
Das Nichts, in dem ich bliebe

Du lachtst ihm entgegen
Doch mir bleibt der Tod im Halse stecken
Ich könnte kotzen und ich tu's
Wie kann dir das nur schmecken?!

Weder Tod noch Leben
So scheint's, passen mir wie angegossen
Gehör' nicht hier, auch nicht dort hin
Nichts hab' ich je genossen

Du kannst immer alles
Doch ich kann selbst nichts nur so ein bisschen
Ich muss kämpfen, doch ich kann nicht
Mir geht es echt beschissen

So bleib ich im Leben
Weil es nur mehr noch, als das Nichts sein kann
Der Gedanke an den Tod und
Mein Leben, der letzte Gang

Sonntag, 23. Oktober 2011

Sonntag, 23.10.2011: Die rote Grazile – Ein Gedicht. Über mich?!

Menschen können einen immer wieder überraschen. Meistens nehmen wir nur die Lauten wahr, die auf sich aufmerksam machen wollen. Die Stillen unter ihnen bleiben meistens am Rand, werden nicht beachtet. Wir verurteilen sie, weil sie nicht dazu gehören und sagen ihnen wenig Schönheit und dafür umso mehr Dummheit nach. Wir glauben, sie zu kennen, glauben, sie wären alle gleich, die Stillen. Aber in Wahrheit sind sie so verschieden wie die Lauten, nur lange nicht so leicht zu durchschauen. Und manch einer ist vielleicht nur so still, weil er seine Worte lieber aufspart, seine Aufmerksamkeit auf seine Mitmenschen richtet, anstatt nur an sich selber zu denken. Und gerade die, denen man es am wenigsten zutraut, kennen einen plötzlich besser, als manch ein „Freund“, mit dem man zwar mehr Zeit verbracht, der einem aber auch nie zugehört hat.
Von einem solchen, stillen Menschen las ich ein Gedicht über mich. Es wurde verfasst, als ich in einer Freistunde zunächst nur allein mit ihm, dem Autor, in einem Raum saß - schweigend. Später kamen zwei von meinen Freundinnen hinzu und ich erzählte ihnen von meinem Arschloch von Ex-Freund. Da wurde ich sehr wütend.
Wichtig ist noch zu wissen, dass meine Haare rot sind. Ich finde das Gedicht gar nicht so schlecht dafür, dass er kein Profi ist. Sagt mir doch einfach, was ihr davon haltet!

Die rote Grazile
So rot und grazil
Im Stillen verborgen.
Das Leben der einen
Durchzogen von Sorgen?
Das Lächeln sieht selten
Wer's nicht hat verdient
Scheinbar ferne Welten
So sehr geliebt.
Wie gern' könnt' ich fühlen
So manches, viel mehr.
Ich spüre die Kühle
Doch Flammen umher.
Das liebliche Feuer
Was hat es gemildert?
Wer so voll von Freude
Hat sehr viele Bilder
Im Stillen gesehen.
Ganz offen verletzt
Wo ist all das Leben
Die Seele nach lechzt?
Es bleibt gar ein Rätsel
Doch wüsst' ich zu gern'
Was dort ist zu sehen
Im innersten Kern
Der einen besond'ren
Nach der er einst schielte:
Die eine, die wahre
Die rote Grazile.

Samstag, 1. Oktober 2011

Freitag, 30.09.2011: Im 16. Stock

Wie immer, wenn ich gezwungen bin, Fahrstuhl zu fahren, versuche ich an etwas Anderes zu denken - wie immer erfolglos. Das Ruckeln und Ächzen des Fahrstuhls, der Gedanke an die dünnen Seile die sein gesamtes Gewicht zu tragen haben... Der Fahrstuhl ist aus dem Jahre 1989. Aus dem letzen Jahrtausend, das muss man sich mal vorstellen! Nervös drehe ich mich einmal um mich selbst, froh, dass ich den Fahrstuhl für mich alleine habe. So mustert wenigstens niemand meine sich windenden Hände und mein blasses Gesicht oder fragt, ob es mir vielleicht nicht gut geht. Gerade fühle ich eine neue Panikwelle in mir aufsteigen und langsam auf mich zuwalzen, als endlich das rettende Lämpchen mit der 16 aufleuchtet und die Schiebetür langsam den Blick auf eine weiße Wand freigibt, auf die eben dieselbe Zahl in Großausführung gepinselt ist. Ich stürze aus dem Fahrstuhl und haste dann weiter zu der Tür, die mich noch von dem langen Gang trennt, auf den jede der winzigen Ein-Zimmer-Wohnungen in diesem Stock hinausführt. Ich ziehe die schwere Tür auf und sehe gerade noch eine Frau mit fettigen Haaren und einer Kippe in Mund hastig in ihrer Wohnung verschwinden, als hätte sie Angst davor, dass ich sie grüßen könnte. Die Tür knallt, ein Schlüssel wird im Schloss herumgedreht, dann ist es wieder still. Eine neben der anderen reihen sich die Türen aneinander - dicht an dicht. Wie im Gefängnis. Vor ein paar Monaten haben sie gerade alles renoviert. Außer dem Fahrstuhl natürlich. Aber sie haben das Grau der Wände gegen ein freundliches Krankenhausgelb und das dreckige Lamit auf dem Boden gegen einen neuen Fußbodenbelag ausgetauscht. Alles ein Teil der Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensumstände und des Sozialklimas in diesem Viertel. Aber das reicht nicht. Vor der letzten Tür im Gang bleibe ich stehen. Ich atme tief durch und beschließe, es möglichst schnell hinter mich zu bringen. Ich drücke zwei Mal kräfitg auf die Klingel, die ein nasales Surren von sich gibt, dann rührt sich für eine Ewigkeit nichts mehr. Ich sehe mich um. Hier warten die Leute doch nur auf den Tod. Jeder für sich, jeder auf seine Weise, aber alle ohne Hoffnung. Betäubt von Morphium... Die Tür öffnet sich einen Spalt breit und der Geruch von abgestandenem Bier schlägt mir entgegen. ... und Alkohol. ‘Hey, Dad’, sage ich. Er linst durch den Spalt. Dreht sich um und schlurft zurück zur Caoch, wo er den Rest des Tages liegen und trinken wird. Den Rest seines Lebens.