Ich hatte mir schon so lange vorgestellt, was ich sagen und wie er reagieren würde. Hatte mir vorgestellt, wie einfach alles enden würde – schließlich war es für mich ja schon lange vorbei. Ich konnte darüber reden, mit Kälte und Gleichgültigkeit in der Stimme, als wäre er nicht mehr als eine lästige Fliege, die einem um den Kopf schwirrt und die man mit einem Handschlag verscheuchte. Und ich bildete mir ein, auch nicht viel mehr für ihn zu empfinden. Sagte mir, meine Liebe hätte sich in Gleichgültigkeit und meinen Verletzlichkeit damit in Stärke gewandelt.
Doch dann saß ich neben ihm, auf der Bettkante und brachte kein Wort heraus. Es hätte genügt, wenn ich gesagt hätte: „Es ist aus!“ Die Worte waren noch da, doch es war als wäre die Zeit stehen geblieben. Ich zählte meine Atemzüge, während ich dicht neben ihm saß und meine Füße aneinander rieb. Eins, zwei – wir schwiegen – drei vier – Scheiße, warum stiegen mir die Tränen in die Augen? Warum, wenn er mir nichts mehr bedeutete? Ich zählte, verlor im Chaos meiner Gedanken den Überblick und begann absichtlich weiter hinten wieder zu zählen. Doch schließlich war es soweit: Ich hatte meinen dreißigsten Atemzug getan, nun würde ich meinen Mund öffnen und etwas sagen.
„Weißt du noch, als du mir gesagt hast, wenn wir einmal nicht mehr miteinander auskommen würden, dann müsste ich Schluss machen? Weil du das nie könntest?“
Mist, das hatte ich jetzt aber wieder nur gedacht.
Irgendwann – nach gefühlten fünf Stunden – fragte er mich, ob ich ein Eis wolle. Ein Eis? In so einer Situation? Aber er wusste ja nicht, wie es um mich und meine Gedanken – um uns stand. Schließlich hatte ich es immer noch nicht geschafft, meinen Mund zu öffnen und auch nur einen Ton herauszubringen, der nichts mit der plötzlichen Wetteränderung oder den Ferien zu tun hatte. Ich lehnte ab. Das Eis, seine Küsse. Und schließlich musste sogar er merken, dass etwas nicht stimmte, dass ich nicht ohne Grund so still war, so zurückhaltend. Er entspannte sich, sah mich an. „Also gut. Was ist los?“
Schweigen. Schweigen. Schweigen.
„Bist du sicher, dass alles okay ist, Ian?“
Nun war er es, der nicht wusste, was er sagen sollte.
„Hm. Es ist nur... Du weißt ja, wir sind jetzt schon so lange zusammen. Wir brauchen einfach mal ein bisschen was Anderes. Mal was Neues.“
Da waren Tränen in meinen Augen, ein Kloß von den Ausmaßen des gesamten Sonnensystems in meinem Hals. Ich würgte ihn hinunter und blinzelte meine Tränen weg.
„Okay. Das Problem ist nur: Ich weiß nicht, was du denkst. Weißt du noch, als du mir gesagt hast, wenn wir einmal nicht mehr miteinander auskommen würden, dann müsste ich Schluss machen? Weil du das nie könntest?“
„Ja, aber wieso?“
„Ich... hatte einfach solche Angst. Nach dem Telefonat und... Angst, du könntest nicht mehr mit mir zusammen sein wollen.“
Dammbruch. Schweigen. Dann sah er mich an, wie er mich noch nie angesehen hatte.
„Aber ich will mit dir zusammen sein.“
Und er meinte es ernst. Er meinte es so ernst, dass ich lachen musste.
Er muss nur einen Satz sagen, um alles wieder gut zu machen.
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