Ich war schon lange nicht mehr so fertig, wie jetzt gerade. Es ist fast schon schlimmer, als die Trennung von meinem Ex, oder die 0 Punkte in Physik, denn es kam nicht von außen, es gab niemand anderen auf den ich sauer sein könnte, und es bedeutet mir wirklich etwas. Ich bin so enttäuscht von mir. So schrecklich enttäuscht. Eigentlich habe ich nur den Termin für mein Bewerbungstraining-Seminar vom Tanzen verpasst. Dummer Weise war es jedoch das letzte und hat somit niederschmetternde Auswirkungen für mich. Ich kann mein Bronze-Abzeichen nicht machen, erst nach dem nächsten Kurs, wenn ich das Seminar nachgeholt habe. Ich werde also allen anderen dabei zusehen, wie sie ihren Eltern strahlend ihr Abzeichen präsentieren, selbst dieser völlig untalentierte Eric. Nur ich werde am Rand stehen und zugucken. Ich werde meinen Eltern kein Abzeichen präsentieren, nicht stolz sein. Ich werde gegen die Tränen und gegen die Enttäuschung ankämpfen. Okay, eigentlich geht es nicht darum, meine Eltern stolz zu machen. Meine Mutter und mein Stiefvater kommen sowieso nicht mit auf den Abtanzball, weil es ihnen schon beim zweiten Kurs zu langweilig geworden war. Und mein Vater und seine neue Freundin... Ganz im Ernst, wann war mein Vater jemals wirklich stolz auf mich?! Es gab doch immer jemanden, der irgendwie toller war als ich. Vorzugsweise natürlich die Kinder von seinen neuen Freundinnen. Und gab es gerade mal keine Freundin, dann war halt eine von meinen Freundinnen toller. Egal wer. Aber mich hat er nie wahrgenommen. Ich saß also vorhin heulend auf dem Sofa, weil ich einfach so übermäßig enttäuscht von mir war und meine Mutter saß auf dem Sessel und laß ein Buch. Früher hätte sie das nie fertig gebracht. Schließlich hatte ich nichts getan. Früher hätte sie mich in den Arm genommen und gesagt: „Ach, Schatz. Komm mal her!“ Und sie hätte mir einen Kakao angeboten und mir gesagt, dass das doch alles nicht so schlimm sei. Früher hatte ich meine Mama, die mich beschützt hat, wenn ich es selbst nicht mehr konnte. Früher hatte ich meine Mama für die schweren Zeiten. Früher hatte ich meine Mama, wenn mich Papa so traurig machte. Früher hatte ich meinen Ex-Freund für meine Gedanken. Und meine beste Freundin für meine Beziehungsprobleme.
Jetzt bin ich allein.
Ich sitze an meinem Zimmer und schreibe. Und niemand wird je erfahren, dass ich geschrieben habe. Danach werde ich meinen Song weiter schreiben, von dem nie jemand wissen wird, wann ich ihn geschrieben habe. Und immer wieder werde ich weinen. Darüber, dass ich heute noch nicht mal mich selbst stolz machen konnte, wenn mir sonst schon keiner bleibt.
Niemand wird je erfahren, dass ich geweint habe.
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